GSSD Flugplatz Köthen
Verlässt man Köthen in Richtung Süden fällt einem schnell das Gebiet rund um die Kreisverwaltung Anhalt - Bitterfeld ins Auge. Die Gebäude hier sind fast alle samt dem Verfall preisgegeben und wären da nicht einige Objekte modernisiert fände man sich fast in einer Art kleinem Geisterdörfchen wieder. Alte Baracken, ein rießiger Platz und zahlreiche misteriöse Bauten im Wald bestimmen hier das Bild und geben einen das Gefühl mitten in einem alten militärischen Komplex zu stehen. Fast schon surreal wirken die etwas neuen Gebäude in der Szenerie. Die Straßennamen hier geben bereits erste Hinweiße wo man sich befindet - "Zeppelinstraße" & "Am Flugplatz".
Die Geschichte
Bereits 1923 schrieb man in Köthen Fluggeschichte. Mit der Bildung der Flugwissenschaftlichen Arbeitsgruppe Cöthen (FLUWIAC) wurde der Grundstein zur Luftfahrt gesetzt. 1928 wurde unter Beschluss des Stadtrates südlich der Stadt ein Flugplatz angelegt, welcher in Vorbereitung auf den zweiten Weltkrieg allerdings ab 1937 vom "Luftnachrichten- Lehr- und Versuchsregiment" nur noch militärisch genutzt wurde. Der Bau einer Luftwaffenkaserne machte Köthen zudem zur Garnisonsstadt.
Kriegshandlungen, abgesehen von gelegentlichen Einsätzen von Messerschmitt Bf 109 zur Luftabwehr sollen vom Köthener Fliegerhorst im WKII allerdings nicht ausgegangen sein. Währrend 1944 einige Kilometer südlich eine amerikanische b-17 Flying Fortress abstürzte wurde der Militärflugplatz am 14.April 1945 von amerikanischen Jagdbombern angegriffen und durch die 3rd Armored Devision der Amerikaner eingenommen.
Mit deren Abzug besetzten ab Juli 1945 dann die Truppen der sowjetischen Armee das Gebiet und den Flugplatz. 1951 stationierte man das 73. sowjetische Garde-Jagdfliegerregiment (73 Gw.IAP) mit MiG-Jagdfliegerstaffeln. Unter anderem wurden hier MiG-15,MiG-17,MiG-21,MiG-23,MiG-29,Mil Mi-8 und Mil Mi-24 bis zu ihrer Verlegung um 1988 untergebracht. Bewohner von Köthen konnten aus einiger Entfernung immer wieder Fallschirmspringerübungen beobachten. Auserdem gab es kurzweiligere Stationierungen wie Jak-28-Bomber des 668. BAP währrend des Manävers "Oktobersturm" im Oktober 1965 - 1975, sowie Teile von Hubschrauber und Jagdfliegergeschwadern der NVA zwischen 1961 und 1965.
Am 29.April.1952 1952 soll eine DC-4 in Frankfurt gestartet sein, die den offiziellen Flugkorridor auf ihrem Weg nach Berlin-Tempelhof angeblich verließ. Bei Könnern wurde sie von zwei sowjetischen MiG-15 unter Beschuss genommen und 89x getroffen. 2 Passagiere wurden dabei leicht verletzt bevor die Maschine in Verlin Tempelhof notlanden konnte. Daraufhin wurde der offizielle zivile Luftverkehr kurzweilig komplett eingestellt. Der Beschuss soll durch die MiGs der 73. Garde-Jahdfliegerregiments aus Köthen ausgeführt wurden sein, was aus politischen Gründen
allerdings nie offiziell bestätigt wurde.
Im Kalten Krieg wurde von Köthen aus die westliche Grenze des "Warschauer Pakt" überwacht. Regelmässig gabe es Kontrollflüge zwischen der Ostsee und Ungarn - meistens dienstags,donnerstags und sonnabends. Auserdem unterhielten die Luftstreitkräfte hier ein sogenanntes temporäres Kernwaffenlager vom Typ Granit. Die auf dem Flugplatz stationierten MiG-21 waren atomwaffenfähig und der Einsatz von atomaren Fliegerbomben des Typs RN-43 somit möglich. Zu welchen Zeiten und ob wirklich Kernwaffen vor Ort bereitgehalten wurden lässt sich alelrdings nicht zu 100% nachweisen.
Der Flugbetrieb selbst endete im Mai 1991 nach Abzug der sowjetischen Streitkräfte durch Unterstützung einer Antonow An-124 der bis August dauerte. Seitdem nutzt man einen Teil des Flugplatzes durch einen Fliegersportklub. Außer dem Sport-Flugbetrieb wird eine weitere Nutzung alelrdings ausgeschlossen. Für kommerzielle Linien oder Charterflüge sind die desolaten Behelfslandebahnen viel zu kurz und eine Wiederinbetriebnahme der eigentlichen Start und Landebahn nicht vorgesehen. Die Hauptlandebahn wurde ohne aufgrund ihres desolaten Zustandes abgerissen. Die Kasernen der alten Zeit stehen bis heute leer und geben ein gespenstiges Bild mitten im Wald ab. Auch der ehemalige Tower ist noch zusehen, allerdings in sehr schlechtem Zustand. Ein Brand zerstörte ihn im Sommer 2015 fast vollständig. Unter anderem findet man auf dem Gelände aber auch noch zahlreiche unterschiedliche Bunker, erdüberdeckte LKW - Boxen, Hangars und weiteres. Einige wenige Gebäude aus alter Zeit wurden zu Verwaltungsgebäuden der Landkreisverwaltung, dem Finanzamt oder privaten Wohnhäusern umgenutzt. Aufgrund der hohen Naphtalin-Belastung ist die Nutzung aber immer wieder stark umstritten.
Ein Großteil des kompletten Geländes wird heute als Solarengerie-Kraftwerk genutzt. Auf 55 Hektar großen Teilflächen sowie dem kompletten Rollfeld des Flughafens wurde bis Ende 2008 durch das Unternehmen "juwi" eines der größten Photovoltaik-Kraftwerke in ganz Deutschland errichtet. Die Modulfläche von etwa 145.000m€ erzeugt über 13 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr und deckt somit den Jahresbedarf von über 4000 Haushalten.
Zur Erinnerung an die Köthener Luftfahrtgeschichte trägt eine Boing 737-300 der Lufthansa (D-ABES), den Namen "Köthen/Anhalt".
Das gibt es noch zu sagen ...
"Bei unserem Besuch ist uns vor allem die enorme Größe des Geländes aufgefallen. Leider leidet auch dieser gigantische Lostplace unter Vandalismus sowie illegaler Müllablagerung. Mit diesem Objekt beschäftigen sich ganze Foren und auch in Büchern findet man jede Menge weitere Informationen zur Luftfahrtgeschickte in Köthen. Wer sich hier mal umschauen möchte sollte ruhig mal auf einen Spaziergang vorbei schauen, am besten wenn in Köthen sowieso Flugplatzfest ist - es lohnt sich."
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Weitere interessante Seiten zum GSSD Flugplatz Köthen:
# [Wikipedia]
# [offizielle Website vom Flugplatz]
# [Militärmuseum Köthen]
# [Military Airfield Directory]
Lektüre zum GSSD Flugplatz Köthen :
# Regina Michel: Geschichten über Zeit und Leute: Das Leben in der Region zwischen Köthen und Bitterfeld 1900 bis 1945
# Stefan Büttner: Rote Plätze. Russische Militärflugplätze Deutschland 1945–1994