"Das ehemalige Kulturhaus"
"Stechender Geruch strömt aus dem Gebäude. In der einstigen Großraumdisko ist es nach dem Feuer letzten Donnerstag kaum auszuhalten. Das Wasser aus den Feuerwehrschläuchen ist inzwischen eine augenscheinlich ungesunde Verbindung mit verbrannten Kunststoffen, Farben und verschiedenen Hölzern eingegagen. So hat auch Thomas R. Not, in diesem stickigen Haus länger auszuharren. Die Disko gibt es jetzt nicht mehr" .... diese Zeilen findet man im Archiv der Mitteldeutschen Zeitung und sind auf das ehemalige Kulturhaus in mitten von Dessau welches 2001 als Großraumdisko ausbrannte.
Die Geschichte
Entworfen vom Dessauer Architekten Kurt Elster, wurde das Gebäude im Mai 1937 erstmals als "Kameradschaftshaus" von den Nationalsozialisten für Propagandazwecke in Betrieb genommen. Zum Tag der Eröffnung waren unter anderem auch hochrangige Gäste geladen, wie unter anderem der Reichsstatthalter, welcher als Beauftragter der Reichszentrale mit Eingriffs- Überwachungs- und Leitungsfunktionen betraut war. Er war dafür verantwortlich das die Richtlinien Adolf Hitlers eingehalten werden und überwachte die Einweihung. Belege dafür fand man in der Zeitung "Heimat" vom 31.Mai 1937. Das Objekt hat den Krieg unbeschadet überstanden und wurde später als eines der ersten Gebäude in Dessau für kulturelle und politische Zwecke genutzt. Am 23.3.1946 vereinigten sich im Kultursaal des Betriebs Sozialdemokraten und Kommunisten zur sogenannten sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Zur damaligen Nutzung gehörten unter anderem Tanzveranstaltungen, Schwimmunterricht, Einschulungen, Physiotherapie, Zahnarzt, Betriebsarzt, Bibliothek, Spielothek, Lager, ... ect. In den 90er Jahren bekam das Gebäude dann erstmals unter dem Name "Paradies Inn" das Konzept einer Großraumdisko. Welche später immer wieder durch Betreiberwechsel den Namen änderte.
"Blue Sky", "Tiffany Parc" und letzt endlich das "BIG" bevor es einem Brandanschlag erlag und 2001 für immer seine Tore schließen musste. Der Verantworllich seilte sich von einem der höheren Etagen ab, wurde von einer Überwachnungskamera erfasst und konnte vom Sicherheitsdienst trotz verfolgung nicht gestellt werden.
Heute ist das Gebäude komplett zerstört und dient mehr oder weniger als Zufluchtsort für Obdachlose, als Müllablade oder auch als Location für das ein oder andere Fotoshooting, denn immerwieder stolpere ich über Bilder mit Models im gewaltigen Hauptsaal. Abgerissen werden kann die Stadt das Gebäude nicht so einfach, welches mittlerweile trotz seiner historischen Geschichte den Titel "Schandfleck Dessaus" trägt, denn es befindet sich im Besitz eines Ukrainers der nicht mehr aufzufinden ist. Wie bei vielen anderen Gebäuden im Lostplacebereich sind der Stadt somit die Hände gebunden und der einzige Lichtblick wäre das Programm "Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", doch für mögliche Investoren fehlt leider jedliches Förderprogramm. Eine Sanierung des Gebäudes selbst wäre rein wirtschaftlich gesehen sowieso nicht möglich, denn dafür ist das Objekt mittlerweile einfach zu zerstört, denn nach dem Brand kam erheblicher Vandalismus hinzu. Das Feuer 2001 sollte längst nicht das einzige bleiben. Auch 2012 und 2013 gab es erneute Brandstiftungen.
Das gibt es noch zu sagen ...
"Einzig eine kleines Kollektiv namens "Ehemaliges Kulturhaus Gärungschemie Dessau" scheint sich überhaupt noch dafür zu interessieren und um den Erhalt zu Kämpfen - doch auch hier Enden die letzten Meldungen im Oktober 2016. Ich jedenfalls hoffe das sich früher oder später jemand finden wird der dieses Stück Geschichte Dessaus retten kann, denn im Internet findet man jede Menge Zeitzeugen deren Kindheit fest mit dem Kulturhaus verankert ist."
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Weitere interessante Seiten zum Ehemaligen Kulturhaus Gärungschemie Dessau:
# [Facebookseite "Ehemaliges Kulturhaus Gärungschemie Dessau"]
# [MZ Artikel zum Großbrand]